Genau eine Woche ist es jetzt her, dass ein gewaltiges Erdbeben weite Teile der chinesischen Provinz Sichuan verwüstet hat. Noch immer sind Rettungstrupps unterwegs, auch wenn die Aussichten, noch Überlebende unter den Trümmern zu finden, praktisch gleich Null sind. Die Gefahr von Überschwemmungen, von Seuchen, von Trinkwassermangel, auch von Nachbeben ist keineswegs gebannt. Und selbst wenn irgendwann die akuten Bedrohungen vorüber sind: Tausende von Familien haben ihre Kinder verloren und sind somit auch ihrer Zukunft beraubt, die Wiederaufbauarbeiten in der Region werden Jahre dauern.
Für die Chinesen ist dies ein wahrhaft bemerkenswertes Jahr. Erst die Schneekatastrophe im Süden des Landes während des Neujahrsfests, dann die Tibetkrise mit dem erstaunlichen Unverständnis des Westens für die chinesische Wahrnehmung des Konflikts. Ein schweres Zugunglück und eine tödliche Seuche unter Kleinkindern als bittere Intermezzi, bevor Mutter Erde das Land dann mit seiner schwersten Herausforderung seit langem konfrontiert.
Meinen Freunden in der Redaktion des Internetportals sohu.com ist in dieser Situation etwas sehr Eindrucksvolles gelungen. Auf einer Sonderseite haben sie die chinesische Nation mit einem Slogan ermuntert, der aus dem Umfeld des Sports, also auch der Olympischen Spiele stammt: “加油, 中国! Jia You, Zhongguo!” – wörtlich: “Gib Gas, China!” oder vielleicht besser: “Du schaffst es, China!”
Der Slogan, der manchen wegen seiner sportlichen Konnotation angesichts einer so großen menschlichen Katastrophe zunächst unangemessen erschien, verbreitete sich während der letzten Tage wie ein Lauffeuer. Das staatliche Fernsehen CCTV übernahm ihn, und heute riefen Zehntausende auf den großen Trauerkundgebungen am Tian An Men Platz und anderswo “Jia You, Zhongguo!”, “Jia You, Sichuan!”
Man mag Nationalismus für eine fragwürdige und gefährliche Sache halten: Angesichts großen Unglücks ist nationale Solidarität eine mächtige Quelle des Trosts und und der Ermutigung. Und wer weiß, vielleicht begreifen jetzt ja auch einige Menschen im Westen, was es für die Chinesen bedeuten muss, sich Stück für Stück aus jahrzehntelanger Armut und Demütigung herauszuarbeiten, wie zerbrechlich dieser Fortschritt und dieses Glück sind, und wie viele Rückschläge diese Menschen immer wieder erdulden müssen.